Mach mal Pause. Vom Grübeln in den Moment zurückkommen

Dieser Blog-Artikel ist interessant für dich, wenn du dich öfter fragst: „Wie kann ich in den Moment zurückkommen?“ Grübeln ist ein Thema, mit dem ich mich aus eigener Notwendigkeit viel befasst habe.

Meine Gedanken sind eifrig und leichtflüchtig. Sie fliegen voraus, eilen zurück. Nur im gegenwärtigen Moment sind sie relativ selten zu finden.

Ganz klar: Meine Gedanken wollen mir helfen, mir Lösungen anbieten. Immer aufmerksam für ungelöste Probleme.

Die Gedanken aktivieren auch Gefühle. Bevorzugt Angst und Sorge, oder gemischt mit Ärger. Aus ständigem Nachdenken kann leicht ein dauerndes Sich-Sorgen werden. Ein Gedanken- und Gefühlsgestöber.

Die Frage: Wie kann ich vom Grübeln in den Moment zurückkommen?

 

Ein Wort vorab: Vom Wert der Gedanken

Fairerweise möchte ich an dieser Stelle erst einmal für die Gedanken sprechen.

Wenn bestimmte Sorgengedanken regelmäßig auftauchen, möchten sie mir vielleicht etwas Wichtiges sagen? Sie sollten nicht immer nur beiseitegeschoben werden.

Wir brauchen immer wieder Zeiten für problemlösendes Denken (das ist nicht dasselbe wie Grübeln!). Ob allein, vielleicht schriftlich, in einem guten ruhigen Gespräch, mit Input durch Bücher oder auch mit professioneller Hilfe.

Gedanken und Gefühle melden uns wichtige Punkte, die der Änderung bedürfen.

Die Gedanken sind wichtig. Teils haben sie sozusagen Recht. Sie brauchen ihr eigenes Forum zum Sortieren und Bearbeiten.

 

Momentane Auszeiten

Jetzt, wo das gesagt ist – das Grübeln ist unglaublich anstrengend.

Immer wieder brauche ich eine wirksame Auszeit von meinen Gedanken und Gefühlen.

In diesem Artikel geht es deshalb darum, wie wir momentane Auszeiten von unseren Gedanken finden. Vom Grübeln in den Moment zurückkommen. Die Stressspirale für einen Augenblick stoppen und wieder zum Fühlen finden. Wie geht das?

 

Ich habe mir eine ganze Sammlung von Methoden zugelegt, die ich zum Entspannen verwende. Darunter sind:

  • Autogenes Training
  • Progressive Muskelentspannung
  • Trancereisen in jeder Länge von 3 bis 50 Minuten
  • Selbsthypnose
  • Ruhepausen und Nickerchen
  • Meditation und Achtsamkeit in verschiedenen Formen
  • Atemtechniken
  • Qigong-Übungen als Entspannung in Bewegung.

Sie funktionieren gut, und als Vielseitige wechsele ich ab, welche ich für eine Weile bevorzuge oder kombiniere.

 

Warum habe ich mir so ein großes Repertoire aufgebaut?

Weil ich eine alte Grüblerin bin. Als nervöses, beeindruckbares Wesen geboren. Mit den Gedanken die meiste Zeit weit voraus in der Zukunft oder weit zurück in der Vergangenheit.

Wie so viele von uns.

 

Gründe des Grübelns

Wieso ist das überhaupt so? Wieso grübeln wir so viel?

  • Wir sind kulturell gesehen Denkwesen. In der westlichen Welt gilt logisches Denken höher als Fühlen, der Geist wichtiger als der Körper, Sprache mehr als Gespür.
  • Und dann ist da unser Frontalhirn. Es beherrscht exzellent die Wenn-Dann-Ketten. Offene Fragen kann es schlecht aushalten. Unser Gehirn ist förmlich gezwungen, Sachen bis zu Ende zu denken. Manchmal meine ich: Alle Bis zu jedem Ende.
  • Die Flut der Medien und Anforderungen fördert es noch, überall sonst zu sein, nur nicht im Moment. Wir müssen 100 kleine Teilaufgaben jonglieren, mit unserer Aufmerksamkeit springen, lassen uns leicht ablenken und von jedem Klingelton alarmieren. Kommunikative Habacht-Stellung.
  • Doch da ist noch ein spezieller Grund, der dich als Leserin oder Leser vielleicht auch betrifft: eine erhöhte Sensibilität. Gründlich nachdenken und eine gewisse Grundnervosität ist typisch für hochsensible Menschen. Lass uns diesen Punkt näher beleuchten:

 

Höhere Sensibilität => höheres Stresslevel

Als feinfühlige Menschen müssen wir mehr Sinneswahrnehmungen und soziale Eindrücke verarbeiten, weil wir von Natur aus schwächere Filter haben. Disharmonien und Konflikte wirken stark auf uns ein. Auch Traumata können leider einen stärkeren Effekt haben.

Das ist schön beschrieben in Sylvia Harkes Blog-Artikel Hochsensibilität ist keine Krankheit.

Unter dem Strich steht in allen Quellen nachzulesen: Der Stresslevel hochsensibler Menschen ist oft erhöht.

 

Bingo. Trifft voll auf mich zu.

  1. Meine Sensibilität und Empathiefähigkeit sind erhöht.
  2. Die Welt ist laut, die Arbeitswelt stressig, meine Mitmenschen sind unter Druck, die Medien schrill, die Nachrichten gruselig.

Zusammengenommen macht es mich angespannt und atemlos.

Kurz: Es stresst mich.

 

Die Konstitution der Hochsensibilität kann ich nicht ändern, nur annehmen.

Wie finde ich unter diesen Voraussetzungen trotzdem immer wieder in den Moment zurück?

Wie komme ich wieder zu Atem, zum Wohlfühlen in mir selbst?

Dazu habe ich ein Herangehen aus der Achtsamkeitspraxis ausgewählt, die ich dir im Folgenden vorstelle.

 

Achtsamkeit im Augenblick

Durch Forschungen wird deutlich, dass Achtsamkeit das Wohlbefinden erhöht und die Gesundheit stärkt.

„Achtsamkeit“ heißt: Wahrnehmen, was ist. Bewusst und gewahr für Zeit und Ort. Mit wachen Sinnen und Annahme.

 

Innehalten, ein simples Rezept.

Und dabei erstaunlich, wie nützlich dieses kleine Rezept ist: In ihrem Buch Die Entschlüsselung des Alterns. Der Telomereffekt weisen Nobelpreisträgerin Elisabeth Blackburn und Elissa Epel darauf hin. Und damit ist es medizinisch bewiesen:

Wir können den Stress erheblich reduzieren und unsere Zellalterung verlangsamen, wenn wir immer wieder in den Augenblick zurückkehren.

Ich finde, das Thema Achtsamkeit ist zurecht jetzt so verbreitet, wir brauchen es notwendig. Es bildet einen Ausgleich für das Wettbewerbsdenken, die starken Wertungen, den gestressten Lebensstil.

Das Gute ist: In zahlreichen Studien aus Psychologie, Medizin und Zen-Buddhismus hat sich erwiesen, dass wir Gewahrsein erlernen können. Es lässt sich praktizieren und üben.

 

Dieser Blog-Artikel bietet eine Soforthilfe an.

Eine kleine Übung, die du sofort machen kannst.

Dann, wenn es dir in den Sinn kommt.

Die Schritte sind:

  1. Bewusstwerden
  2. Annehmen
  3. Atmen
  4. Sinneswahrnehmung

 

Vom Grübeln in den Moment zurückkommen in 4 Schritten

 

1.     Der Einstieg: Das Bewusstwerden

Die Übung beginnt in dem Moment, wenn du dir bewusst wirst, dass du sie brauchst:

„Ach du liebe Güte, ich kriege ja kaum noch Luft.“

„O je, ich bin voll im Stress. Ich habe Panik.“

 

Diese Wahrnehmung kann dir nützen. Sie kann dein Signal werden:

Erst mal in den Moment zurückkehren.

Und wie jetzt?

 

2. Annehmen

Ein Gedanke vorab ist mir wichtig: Die Annahme. Sie ist Teil der Achtsamkeitspraxis. Und Schritt 2 der Übung.

Warum? Weil Annahme den inneren Widerstand und damit die Spannung senken kann.

Grübeln ist nicht dein Feind. Es kommt einfach vor. Du kannst feststellen:

  • Ja, ich grüble. Das ist normal. Menschen tun das.
  • Ja, ich mache mir Sorgen. Ich verliere ab und zu die Balance. Das kommt vor.
  • Jetzt ist so ein Moment. Das ist okay. Ich bin okay.

Und dann mit zum bewussten Atmen übergehen:

 

3. Einatmen, Ausatmen

Mit dem nächsten Atemzug kommst du mit deiner Aufmerksamkeit in den Körper zurück.

Der Atem steht uns jederzeit zur Verfügung, um uns wieder mit unserem Körper zu verbinden.

Erstmal durchatmen.

Diese Atemtechnik (und spirituelle Praxis) stammt aus dem Zen-Buddhismus und ist sehr wirksam. Probier es aus:

 

  • Einatmend: Weit werden.
  • Ausatmend: Loslassen.

 

  • Einatmend: Dir des Einatmens bewusst sein.
  • Ausatmend: Dir des Ausatmens bewusst sein.

 

  • Einatmend: Den Atem spüren.
  • Ausatmend: Den Körper spüren.

 

Das übt sich.

Am Anfang kann das Atmen noch mühsam wirken.

Wir können jedoch lernen, den Atem leicht und unbeschwert fließen zu lassen. Wahrnehmend zu atmen. Dann entwickelt sich mit der Zeit ein gleitendes, schwebendes Gefühl.

 

Nun ist es leider so, dass ich mit dem nächsten Atemzug oft schon wieder woanders bin! Eben in der Vergangenheit oder der Zukunft. Siehe oben.

Ich brauche etwas, das mich im Moment hält. Deshalb habe ich einen weiteren Schritt hinzugefügt:

Der einfachste Weg, um mit dem Atemzug etwas länger im Moment zu bleiben, ist für mich der über die Sinne.

 

4.     Wahrnehmen mit den Sinnen

Die Sinne nehmen wahr, was jetzt ist:

 

  • Sehsinn: Was ist um dich? Lass dir ein paar Atemzüge Zeit, lass es auf dich wirken. Nimm es einfach wahr. Wie ein Standbild. Welche Farben und Formen sind da? Was ist bewegt, was unbewegt? Beobachte nur.

 

  • Hörsinn: Was für Geräusche hörst du, was für Stimmen? Nimm es wahr wie eine fremde Beobachterin. Als würdest du einem Hörspiel lauschen. Gib dem Klappern, Rascheln, Brummen, den Stimmen ein paar Sekunden Zeit, höre wirklich zu.

 

  • Tastsinn, Körperempfindungen: Was spürst du? Wie streicht der Atemzug an deinen Nasenflügeln entlang? Wie nimmst du die Kleidung auf dem Körper wahr? Welche Temperatur spürst du? Einfach wahrnehmen und nichts tun müssen.

 

Ich nenne es das sensorische Jetzt – die Jetzt-Wahrnehmung der Sinne.

Das sensorische Jetzt hilft mir, im Augenblick zu sein.

 

Das Gute: Der ganze Ausstieg aus der Szene und dem Gedankenkarussell dauert nur wenige Minuten. Doch mein Atem ändert sich dabei. Wird selbständiger, tiefer.

Mein Fokus erweitert sich.

Willkommen im Augenblick.

 

Wenn ich diese kleine Übung gemacht habe, fühle ich mich ruhiger, irgendwie getröstet. Und ich kann anders weitermachen als vorher.

 

Zusammenfassung: Die Gedanken und Gefühle zu sortieren, bleibt uns als Aufgabe. Wir können mit ihnen umgehen, wenn die richtige Zeit dafür ist. Doch manchmal möchten wir einfach vom Grübeln in den Moment zurückkommen. Das können wir besonders gut über den Atem und die Sinne erreichen.

 

Der gegenwärtige Moment

Der gegenwärtige Moment ist immer jetzt.

Und der nächste gegenwärtige Moment ist auch jetzt.

Den Moment über die Sinne erleben.

Ein Gewahrwerden dessen, was ist.

 

Die Sinne nehmen wahr, was jetzt ist.

Der Atem fließt jetzt.

Die Lebensenergie fließt immer nur jetzt.

Jetzt.

Jetzt.

Jetzt.

 

Die Kurzform der Kurzform

Wenn du es noch mehr vereinfachen möchtest: Wähle den Hörsinn, um im Jetzt der Sinne anzukommen. Auch Schallwellen sind immer nur jetzt.

Der Hörsinn versorgt dich mit Informationen und lässt den Rest von dir in Ruhe. Deine viel beanspruchten Augen haben Pause.

Dann sieht die Übung so aus:

  • Bewusstwerden
  • Annehmen
  • Einatmen, ausatmen
  • Zuhören.

Ich höre, was ich höre.

Einige Atemzüge lang.

 

Wenn du bis hierher gelesen hast, dann Danke für dein Interesse an meinem Logbuch und dem Artikel.

Ich hoffe, dass dir diese Gedanken und die Übung nutzen und wünsche dir eine gute Zeit.

Mögest du viele Momente genießen.

 

Deine Jana Lindberg

P.S.: Vielleicht willst du mehr lesen über den Ausstieg aus dem Grübeln? Hier geht es zu einem Blog-Artikel von Anne-Barbara Kern auf ihrem Blog Hochsensibel sein: In 5 Schritten aus der Grübel-Falle.

2 Replies to “Mach mal Pause. Vom Grübeln in den Moment zurückkommen”

  1. Ein toller Artikel. Ich fühle mich sehr verstanden. Und die kleine – damit meine ich einfach anzuwendende – Übung kann ich sicher gut in der nächsten Zeit brauchen. Jana, ich bin wieder mal begeistert, was für treffende Worte du findest.

    1. Hallo Grane,
      vielen Dank für den schönen Kommentar, der mich sehr gefreut hat! Es ist toll, dass du mit der Übung und dem Artikel etwas anfangen kannst. Viele schöne Momente wünsche ich dir.
      Deine Jana

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