Der 22. April ist der Earth Day. Eine Art Geburtstag oder Muttertag für unseren Heimplaneten, ein Tag, um an unsere Verbindung zur Erde zu denken. Zu diesem Anlass will ich einen Brief an Mutter Erde versuchen. Ich suche meine Verbundenheit, das Band der Lebendigkeit, das mich mit ihr elementar verbindet.
Die Erde und wir: Wir nehmen diese Verbindung im Alltag oft für selbstverständlich, weil wir als Erdenwesen auf der Erde sozusagen sind wie ein Fisch im Wasser. Wir können es uns nicht anders vorstellen.
Und genauso wie ein Fisch das Wasser benötigen wir die Erde. Wir können nur existieren als Teil allen Lebens, das auf ihr lebt. Eingebunden in die ständigen Wechselwirkungen aller Teile dieses Lebens.
Unser Einfluss, nicht zum Guten
Ebenso beeinflussen wir diese Wechselwirkungen auf unserem Planeten. Und nicht zum Guten. Wir wissen das.
Die letzten ein, zweihundert Jahre Industrie und Konsum haben exponentielle Veränderungen in Gang gesetzt.
Nach einigen Jahrzehnten, wo wir als Menschheit größtenteils die Hände vor die Augen gehalten haben und hofften, es würde vielleicht alles doch nicht stimmen, liegt es jetzt für alle offensichtlich da.
Wir wissen: Ja, die Gefahr ist echt. Unsere Lebensgrundlagen stehen auf dem Spiel.
Die Kurve kriegen
Und ja: Wir – die Menschen, die jetzt auf der Erde sind, diese aktuelle Generation – können das Kippen des Klimas noch verhindern.
Wie fangen wir es an? Wie kriegen wir die Kurve?
Schon bewegt sich viel, und es sind zahllose Menschen bereits dabei, Veränderungen vorzunehmen. In ihrem Leben und in ihrer Gesellschaft.
Niemand von uns ist dabei allein. Wir dürfen uns verbunden fühlen mit Tausenden Organisationen und Millionen Menschen, die sich für unsere Umwelt einsetzen.
Doch die Richtung insgesamt stimmt noch nicht.
Wir brauchen einen großen Richtungswechsel
Wie können wir die Blockierung durch Angst, Gewohnheit, Hilflosigkeit, lähmendes Schuldgefühl durchbrechen?
Dazu gehört sicherlich, mit den schweren Gefühlen umgehen zu lernen und auch unsere Angst und Trauer anzuschauen, auszuhalten und zu transformieren.
Wir werden die Übung unseres Mitgefühls benötigen, für uns selbst und andere: Es tut mir leid, was du durchmachst [Brief von Mitgefühl].
Die Frage der Zeit ist:
Wie können wir als ganze große Herde die Richtung wechseln?
Und wie können wir alle einzeln diese Kurve kriegen und unseren Teil beisteuern?
Empathie und Verbundenheit
Über das Gefühl der Verbundenheit, sagt Joachim Bauer in seinem neuen Buch: „Fühlen, was die Welt fühlt. Die Bedeutung der Empathie für das Überleben von Menschheit und Natur“.
Die Tendenzen von Egoismus und Spaltung überwinden. Stärkung von Empathie und Verbundenheit mit der Natur.
Dasselbe sagt Umweltaktivistin und spirituelle Lehrerin Joana Macy:
„Active Hope is waking up to the beauty of life on whose behalf we can act. We belong to this world.”
Dt: Aktive Hoffnung ist das Aufwachen für die Schönheit des Lebens, in dessen (deren?) Namen wir handeln können. Wir gehören zu dieser Welt.
Liebesbriefe
Zu dem Thema fand ich auch die Idee von Liebesbriefen an Mutter Natur schön, die ich auf einer buddhistischen Webseite gefunden habe.
Zen-Meister Thich Nhat Hanh sagt:
„When you realize the Earth is so much more than simply the environment, you will be moved to protect her as you would yourself.“
Dt: Wenn du begreifst, dass die Erde so viel mehr als nur die Umwelt ist, wirst du bewegt werden, sie zu beschützen, wie du dich selbst beschützen würdest.
Earth Day ist einer von vielen Anlässen, die Beziehung zu Mutter Erde zu erinnern und zu vertiefen.
Ich will mich an einem solchen Liebesbrief versuchen und meinen hier beisteuern.
Brief an Mutter Erde
Liebe Mutter Erde,
Danke, dass du mich erschaffen hast. Aus Bestandteilen deiner Materie bin ich gemacht.
Danke, dass du mich täglich am Leben erhältst. Ich bin ein Wesen der Erde, ich kann ohne Materie nicht existieren. Als Seele kann ich nur in diesem Körper auf Erden existieren. Danke für meine Existenz.
Du bist voller Wunder, die mich in Erstaunen versetzen.
Mehr Wunder, als ich jemals wissen oder begreifen werde.
Ich liebe die Schönheiten des Planeten und bin mir bewusst, dass wir vollständig von dir abhängig sind. Als Erdwesen bin ich lebendiger Teil von dir.
Ich verehre und bewundere deine Humusschicht, in der alles, alles wächst. Diese kostbare hauchfeine Erddecke auf dem steinernen Ball mit dem Feuerkern.
Von der Humusschicht hängt meine Ernährung und meine Atemluft ab vom ersten bis zum letzten Tag meines körperlichen Daseins.
Danke für die Bäume, Pflanzen und Tiere.
Danke für das Wasser und die Steine und Minerialien.
Danke für die Luft und das Feuer, das durch sie genährt wird.
Danke für alles Leben und alle Wunder.
Liebe Mutter Erde,
ich möchte mich dir so verbunden fühlen, dass ich es bis in die Knochen und in allen Zellen spüren kann.
Ich will mein Handeln immer mehr umstellen. So, dass ein Überleben für uns möglich ist.
Du trägst und nährst uns in kostbarer Überfülle.
Ich möchte wirklich spüren, wie lebendig ich bin.
Ich will mich der Ehre und des Geschenks, am Leben zu sein, als würdig erweisen.
Und als klug genug, deine kostbaren Gaben vorsichtig zu verwenden.
Ich will die Verbundenheit spüren mit jeder Faser.
Ich hoffe, wir kriegen noch die Kurve. Die Verbundenheit zu dir soll mir helfen, meinen Teil zu tun.
Ich hoffe, unsere menschliche Evolution des Herzens und der Empathie gehen schnell genug, um unsere Lebensgrundlagen hier zu erhalten. Dazu will ich meinen Teil beitragen.
Ich hoffe, wir können umsichtig sein und lernen, differenziert und konsequent zu denken, genügend, um ethisch zu handeln.
Liebe Mutter Erde,
ich werde mein Möglichstes tun.
Und ich werde daran arbeiten, „mein Möglichstes“ stets zu erweitern.
Du kostbares Wunder,
ich liebe dich.
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Vielen Dank für die innigen Worte.
Wurde erinnert an das Weltgebet vor vielen Jahren von Nord-amerikanischen Indianern. Indigene Völker.
Habe mich damals sehr verbunden gefühlt.
Danke
Vielen lieben Dank für den berührenden Kommentar und die schöne Erinnerung!
Jetzt bin ich noch ein wenig auf Deiner Seite hängen geblieben und schon wieder so vertraute, schöne Worte 🙂 !
Als ich begonnen habe mich immer mehr an das zu Erinnern wer und woraus ich bin, kamen die Wurzeln zurück unter meine Füße. Und immer noch beschneide ich sie selbst und gehe manchmal auf Wegen, auf denen sie nicht durch den Asphalt brechen können. Doch dann sitze ich wieder im Wald, oder alleine auf einer Wiese und schaue in den Himmel, in die Blätter der Bäume, über mir zieht ein großer Vogel, oder es kriecht ein Salamander aus seinen Versteck, während ich am Waldbach raste. Und ich habe ein Hobby entwickelt, ich sollte es wieder reaktivieren: auf Steine male ich Mutter Erde, mit ihrer Fülle, mit ihrer Weiblichkeit, als Gestalt, wie sie mir erscheint, nährend, schützend, liebend, aber auch stark, gewaltig und voller Kraft, sie kennt alle Tiefen und Höhen und alles in mir ist aus ihr gemacht, alles Irdische an meinem Körper, meine winzigsten und größten Zellen, sind aus ihren Elementen gewebt. Und ich male sie symbolisch auf Steine und wandere durch die Gegend und an jedem christlichen Marterl, an jedem Märtyrer-Denkmal lege ich sie ab, diese Steine. Eine dicke Frau mit den Worten „Mutter Erde“ nimmt ihren Platz ein. Ich besuche diese Kapellen und Marterln gelegentlich wieder und ich staune, was mit diesen Steinen passiert. Manche bleiben liegen, andere werden verbannt, manche bekommen sogar einen eigenen Platz….
Und ja, ich sollte wieder mehr Steine bemalen gehen 😉 !
Liebe Verena,
das klingt wunderschön! Deine Naturerlebnisse und Verwurzelung im Wald und auf der Wiese. Ich glaube, das ist für viele Menschen eine wunderbare Kraftquelle. Irgendwo spüren wir bei allem Neonlicht und mit allen Geräten, dass es unsere Heimat ist.
Ich muss schmunzeln beim Gedanken an die mit Mutter Erde bemalten Steine, die hier und da auftauchen und unerwartet grüßen. Ich würde mich freuen, so einen zu sehen. Auf einem Waldweg habe ich gesehen, dass ein Grenzstein mit einem Käfer bemalt wurde, da muss ich auch jedes Mal lächeln. Steine bemalen, ein schönes Hobby, das ich mir gerne vorstelle. Viel Freude!
Jana
Ein origineller Brief mit berührenden Worten!
Ich habe einige Gedichte für Mutter Erde und eine bessere Welt verfasst:
Earth Day – Mutter Erde in Not!
FÜR DEN BLAUEN PLANETEN
Der Mensch, dieses kluge Wesen
Kann im Gesicht der Erde lesen.
Er sieht die drohende Gefahr,
Spürt die Erwärmung Jahr für Jahr.
Homo sapiens muss aufwachen,
Seine Hausaufgaben machen.
Der Handel mit Emissionen
Wird unser Klima nicht schonen.
Weg vom ewigen Wachstumswahn,
Braucht es einen weltweiten Plan.
Statt nur nach Profit zu streben,
Im Einklang mit der Natur leben.
Kämpfen wir für Mutter Erde,
Dass sie nicht zur Wüste werde.
Retten wir uns’ren Regenwald,
Gebieten der Kohle Einhalt.
Das oberste Gebot der Zeit
Muss heißen Nachhaltigkeit.
Für die Zukunft des Planeten,
Weg mit den Atomraketen.
Ende der Waffenexporte,
Abrüstung an jedem Orte.
Lasst die weißen Tauben fliegen,
Aggression und Hass besiegen.
Keiner ist des Anderen Knecht,
Für alle gilt das Menschenrecht.
Fromme und Heiden sind vereint,
Uns’re Sonne für alle scheint.
Jeder kann glauben, was er will,
Frieden und Freiheit unser Ziel.
UNSER WALD IN NOT
Vielen Tieren Lebensraum,
Für den Sauerstoff ein Quell,
Für gesundes Klima essentiell;
Das ist unser Freund, der Baum.
Ohne Bäume in Wald und Flur
Wär die Erde ein öder Planet nur.
Wir sehnen uns nach diesem Grün,
Der Zeit, wenn wieder Bäume blüh’n.
Wir wollen wandeln durch Alleen,
Das Blätterdach so wunderschön.
Profitgier lässt die Wälder schwinden,
Fördert weltweit Umweltsünden.
Die grüne Lunge des Planeten
In Gefahr, da hilft kein Beten.
Zu viele Buchen und Eichen
Mussten schon der Kohle weichen.
Retten wir den heimischen Wald,
Bewahren die Artenvielfalt.
Mit jedem Baum, der sinnlos fällt,
Wird etwas ärmer uns’re Welt.
Wenn’s mit dem Wald zu Ende geht,
Stirbt letztlich der ganze Planet.
Damit nicht wahr wird böser Traum,
Gilt’s zu kämpfen für jeden Baum.
UNS’RE MEERE BEDROHT
Es treiben Müllinseln auf den Wellen
Nicht nur vor Antillen und Seychellen.
Des Meeres Flora und Fauna Idyll
Ist ausgesetzt unserem Plastikmüll.
Was wir achtlos in die Umwelt geben,
Bedroht der Tiefsee fragiles Leben.
Es findet die grausige Kunststoffpest
Ihren Weg in jedes Korallennest.
In der Entwicklung Millionen Jahren
Trotzten die Fische allen Gefahren.
Oktopus und Wal, jedes Meerestier
Lebte einst wahrhaft paradiesisch hier.
Der Mensch im ungebremsten Plastikwahn
Bringt nun das Ökosystem aus der Bahn.
Hat Homo sapiens noch kluge Ideen,
Oder müssen die Fische an Land geh’n?
WACHSTUMSWAHN
Man produziert und produziert,
Plündert Ressourcen ungeniert.
Profitmaximierung ist Pflicht,
Die intakte Natur zählt nicht.
Börsenkurse steh’n im Fokus,
Umweltschutz in den Lokus.
Plastikflut und Wegwerftrend,
Man konsumiert permanent.
Nur unser ständiges Kaufen
Hält das System am Laufen.
Unser westlicher Lebensstil
Taugt nicht als Menschheitsziel.
Die Jagd nach ewigem Wachstum
Bringt letztlich den Planeten um.
Das oberste Gebot der Zeit
Muss heißen Nachhaltigkeit.
Statt nur nach Profit zu streben,
Im Einklang mit der Natur leben.
POEM FOR MOTHER EARTH
The earth is our mother,
We will not have another.
There’s no better place to find
For animals plants, mankind.
Green woods, beautiful lakes,
Nature has got what it takes.
We have to keep clean the air,
As environment everywhere.
Put an end to coal mining,
Nuclear power and fracking.
Climate concerns all nations,
Just as plastic in the oceans.
For good living day and night
Must change darkness and light.
Our planet, so wonderful blue,
We will always protect, We do!
DAS LEID DER TIERE
Tieren und Umwelt zuliebe,
Weg vom fleischlichen Triebe.
Uns’re Tiere haben’s schwer,
Man behandelt sie nicht fair.
Ein Mensch, wie stolz das klingt,
Der großes Leid den Tieren bringt.
Geflügelknast und Schweinemast
Sind Quälerei und Umweltlast.
Kükenschreddern ist das Wort
Für grausamen Massenmord.
Tiertransporte sind Tortur,
Von Mitgefühl keine Spur.
Tiere als Versuchsobjekt,
Vor nichts wird zurückgeschreckt.
Man fragt nicht nach der Tiere Befinden,
Profit zählt, das Tierwohl steht ganz hinten.
Bringen wir in ein dunkles Kapitel Licht,
Dem Tierschutz Gewicht, bei Fleisch Verzicht.
Heraus die Tiere aus den Verliesen,
Für ein bisschen Freiheit in den Wiesen.
GEDANKEN ZUR ZEIT
Wir schau’n auf eine Krise,
Die den Erdball heimsucht.
Keine Spur vom Paradiese,
Millionen sind auf der Flucht.
Kriege überzieh’n die Welt,
Der Terror ist omnipräsent.
Neue Religion ist das Geld,
Man konsumiert permanent.
Profitmaximierung ist Pflicht,
Börsenkurse steh’n im Fokus.
Die intakte Natur zählt nicht,
Umweltschutz in den Lokus.
Banken scheffeln Milliarden,
Bei Mißerfolg hilft der Staat.
Er seh’n riskante Spielarten,
Man will die Ernte ohne Saat.
Die westliche Lebensweise
Bringt den Planeten in Not.
Zu Ende geht’s mit dem Eise,
Die Klimakatastrophe droht.
Ein Umdenken muss kommen,
Setzen wir auf den Verstand;
Die Heiden und die Frommen,
Die Religionen Hand in Hand.
WENIGER IST MEHR
Gegen den ewigen Wachstumswahn
Auf nachhaltiges Wirtschaften setzen;
Gegen den Autowahn Bus und Bahn,
Auch im Verkehr ist weniger mehr.
Urlaubsreisen etwas einschränken,
Beim Essen ans Maßhalten denken;
Statt Hühnerbrust zu fleischloser Lust.
Beim Heizen mit den Graden geizen.
Teilen, Second Hand der neue Trend,
Smartphone Dauerkauf keine Option.
Bei allen etwas Enthaltsamkeit,
Nehmen wir uns die Freiheit.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen
Lieber Rainer,
vielen herzlichen Dank für diesen wunderbaren Kommentar mit mehreren Gedichten! Das ist ja wirklich eine schöne Art der Antwort und eine Ehre.
Man spürt, dass dir das Thema am Herzen liegt. Und ich glaube, immer mehr Menschen teilen diese akute Sorge. Das ist auch unsere Hoffnung, die Richtung umzudrehen.
Daran können wir alle zusammen wirken. Es wird Zeit.
Noch einmal Danke und ganz liebe Grüße
Jana