Dauerstress und Burnout-Gefahr erkennen [Dauerstress Teil 2]

Dies ist Teil 2 einer Serie zu Dauerstress und Resilienz. Zuerst habe ich aufgezeigt, warum der Jobstress so zugenommen hat. Doppelstrategie gegen Jobstress: Warum Entspannungsbäder nicht reichen [Jobstress Teil 1]. Dauerstress kann zu Burnout führen, eine Krankheit, die in der Gesellschaft zunimmt. Hier in Teil 2 spreche ich darüber, woran du bei dir die Gefahr eines Burnout erkennst. Im Dauerstress leben wir wie in einem Hamsterrad. Wenn das bei dir zutrifft, kann dich der Artikel aufwecken, damit du rechtzeitig handeln kannst. Ich zeige dir am Schluss auch, was du selbst als Erste Hilfe gegen Dauerstress tun kannst.

 

Was ist ein Burnout?

Burnout wird durch chronischen Stress verursacht. Er ist schwerer zu diagnostizieren als Depression, hat aber ähnliche Merkmale. Depression ist die häufigste Folgeerkrankung von Burnout.

Inzwischen ist Burnout als Diagnose anerkannt.

Laut ICD-11 ist Burnout ein Syndrom, das von chronischem Arbeitsstress kommt, der nicht erfolgreich bewältigt wurde. Die drei Hauptmerkmale sind:

  1. Gefühle von Energiemangel oder Erschöpfung,
  2. erhöhte mentale Distanz zur Arbeit, Negativismus und Zynismus in Bezug auf die Tätigkeit,
  3. Gefühl der Ineffektivität und des Mangels an Leistung.

Viele andere Quellen halten die Arbeitssituation für zu eng formuliert, da chronischer Stress auch anders verursacht sein kann, und das Privatleben immer mitbetrifft. Es kann genauso Selbständige in ihren Traumjobs oder häuslich Pflegende betreffen.

Ein Burnout ist ein Überforderungszustand, der in völliger Erschöpfung mündet; ein regelrechter Zusammenbruch, der viele Lebensbereiche umfasst und beeinträchtigt.

Egal, was deine persönliche Stress-Situation ist, beobachte beim Lesen einfach, welche Punkte auf dich zutreffen.

 

Ursachen von Burnout

Burnout in Stressjobs kann verschiedene Gründe haben, die zusammenspielen, so wie:

  • Hoher Arbeitsdruck: Wenn wir ständig unter Druck stehen und das Gefühl haben, unmöglich alles erledigen zu können, es aber zu müssen.
  • Fehlende Unterstützung: Das Gefühl mangelnder Unterstützung und Wertschätzung; so wie auch schlechte Kommunikation, unklare Erwartungen oder mangelnde Anerkennung für gute Arbeit. Auch Isolation oder Selbstisolation können dieses Gefühl erzeugen.
  • Mangelnde Work-Life-Balance: Zu viel Zeit und Energie für die Arbeit, keine Zeit mehr für persönliche Interessen oder Familie. Die Balance muss stimmen, damit wir gesund bleiben können.
  • Schlechtes Arbeitsumfeld: Lärm, schlechte Beleuchtung oder ein mieses Arbeitsklima erhöhen den Stress und kann es den Beschäftigten erschweren, ihre Arbeit noch gut zu machen.
  • Persönliche Faktoren: Menschen sind eher anfällig für Burnout, wenn sie sehr ehrgeizig sind, sich und ihren Selbstwert unter Beweis stellen und nicht leicht Grenzen setzen können (Stichwort Innere Antreiber).

Das bedeutet keineswegs, dass wir automatisch ein Burnout erleiden, wenn solche Faktoren vorhanden sind! Wir Menschen sind von Natur aus unglaublich resilient und können verschiedenste Probleme wuppen. Wir sind flexibel und können mit allem Möglichen umgehen.

Aber es können sich auch ungünstige Konstellationen, Dauerschleifen und Teufelskreise ergeben. Und dann heißt es aufpassen.

Woran erkennst du nun, dass Dauerstress sich auf dein Befinden schon stark auswirkt?

 

Typische Symptome von Dauerstress und Burnout

Diese Symptome sind Frühwarnzeichen von Burnout:

  • Emotionale, körperliche und geistige Erschöpfung,
  • Abstumpfung gegenüber anderen Menschen, Zynismus, Gereiztheit, verminderte Empathie,
  • Menschen pauschal meiden, sogar die, die man am meisten mag,
  • Konzentrations- und Gedächtnisprobleme,
  • verminderte Leistungsfähigkeit, Angst vor Jobverlust,
  • Schlafstörungen, Dauergrübeln, keine Erholungsfähigkeit mehr,
  • das Gefühl dauerhafter Überforderung, von ständigem Zeit- und Leistungsdruck,
  • das Gefühl, jederzeit zu funktionieren, „Ich MUSS das schaffen!!!“
  • körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Engegefühl in der Brust, Herzklopfen, Atembeschwerden, Rückenschmerzen, Übelkeit, erhöhte Infektanfälligkeit.

Okay, das sind alles auch einfach Stress-Merkmale! Die klassische Liste, die wir in der Hausarztpraxis nennen würden. Manche Menschen reagieren von Natur aus mit mehr Stress als andere. Das ist noch nicht automatisch ein Burnout. Faustformel:

Je mehr Symtpome zusammenkommen und je stärker sie sind, desto eher sollten wir aufmerken.

In diesem externen Artikel ist es ganz schön beschrieben: Ständig Stress bei der Arbeit

 

An welchen Merkmalen erkennst du Burnout-Gefahr bei dir?

Es gibt bestimmte innere Haltungen, mit denen wir uns zu sehr erschöpfen. An diesen vier Merkmalen bemerkst du, dass du besser auf deine Balance aufpassen solltest – schau, wo du dich wiederfindest:

 

1.     Illusion, dass es auch ohne Grenzen geht

Variante A: Illusion der Unverwüstlichkeit. Das ist der Geisteszustand, wenn du dich unverwundbar fühlst, als könntest du ewig so weitermachen, als wärst du aus Eisen gemacht, obwohl sich Symptome schon häufen. „Das geht bei mir alles, kein Problem! Das muss gehen. Das macht mir nichts aus. Immer weiter.“

Wir argumentieren da oft so: „Jetzt ist es auch schon egal, jetzt mache ich noch zwei Stunden länger“, obwohl wir schon müde sind und Herzklopfen können. „Auch schon egal“ ist aber kein Argument. Sondern eher ein Alarmzeichen. Siehe Stress pur! Wieder mal aus der Kurve geflogen? Dieses Geheimnis steckt dahinter.

Die Wahrheit ist: Niemand ist unverwundbar! Wir leben mit unserer Seele in einem Körper, und beide haben ihre Grenzen, die wahrgenommen werden wollen.

 

Variante B: Illusion der Machtlosigkeit. Das ist das Gefühl: „Für mich gibt es keine Grenzen, ich habe keine Wahl, ich muss immer weitermachen, egal, wie es mir geht. Niemand achtet auf mich, und ich darf auch nicht auf mich achten.“

Die Wahrheit ist: Als Kinder können viele Menschen auf ihre Grenzen nicht achten. Kinder sind nicht am Drücker. Sie reagieren so, wie sie eben können, und entwickeln ihre kindlichen Notstrategien. Und später fühlen wir uns dann in Stress-Situationen ebenso hilflos.

Unser Leben braucht uns heute als Erwachsene, die definitiv auf sich selbst aufpassen. (Manchmal lernen wir das erst durch Therapie wieder.)

Grenzen sind erlaubt. Sie sind notwendig. Grenzen sind Teil unserer Natur.

 

2.     Verzicht auf Pausen und Erholung

Wenn wir die Illusion haben, keine Grenzen zu benötigen, schalten wir die eigenen Körperrückmeldungen oft ab, weil sie uns beim Erledigen stören.

Das verschlechtert unsere Navigation erheblich! Wir brauchen unser Körpergespür. Selbst wenn es so unpopuläre Dinge sagt wie „Ich brauche eine Pause.“

Unser Körpergespür ist wie ein Kompass. Und direkt mit unserer Intuition verbunden, unserem inneren Stimmigkeitswissen. Es sagt uns Dinge aus einem Grund.

 

Generell gilt: Pausen grundsätzlich weglassen geht nur kurzfristig

Pausen weglassen, das ist oft der Modus, den man bei einem Umzug annimmt und dann auch braucht. 😉 Wir kennen ihn alle, aber er ist nicht für ewig lange Strecken gedacht. Schon bei einem Hausbau – am besten noch mit Jobs und Kindern – geht das zu lange und ist nicht mehr verträglich.

Ich möchte ein Beispiel machen: Wir haben eine Freundin öfter im Krankenhaus besucht, die im Sterben lag. Hierzu brauchte ich alle Kräfte und eine gute mentale Verfassung. In dieser Zeit habe ich umso mehr auf kleine Pausen geachtet, Achtsamkeit im Augenblick, durchatmen.

Gerade, wenn die Situation sich schlimm anfühlt, gerade, wenn es wie ein Notfall ist, brauchen wir die Pausen!

Für kleine Pausen ist immer Zeit.

Wir sollten sie uns regelrecht verordnen. Es ist eine Verpflichtung für uns selbst.

 

3.     Die eigenen Bedürfnisse ausblenden

Ein besonderes Warnsignal für unsere seelische Verfassung ist, wenn wir unsere Bedürfnisse anhaltend vernachlässigen.

Es kann zum Beispiel sein, dass wir Positivfaktoren fallenlassen, weil wir „die Zeit nicht mehr dazu haben“. Oder weil wir irgendwann nicht mehr die Energie dafür aufbringen, etwas für uns zu tun.

Wenn du das bei dir bemerkst, sollte das Warnlämpchen angehen.

In der Verhaltenstherapie sagt man dazu „Verlust von Verstärkerquellen“ – die stärkenden Ressourcen fallen weg. Und das bringt die Gefahr einer Abwärtsspirale mit sich. Der direkte Weg in Erschöpfung, Depression und Burnout. Denn fehlende positive Erfahrungen erhöhen das Hilflosigkeitsgefühl und somit den Stress.

Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Sie machen uns aus.

 

Deine positiven Ressourcen können alles Mögliche sein: Alles, was dir individuell gut tut. Was dir Freude macht. Was dich als Mensch ausmacht. Womit du dich ausdrückst.

Positive Ressourcen und erfüllte Bedürfnisse machen dich aus und gehören in dein Leben hinein. Damit kannst du jederzeit die Lebensfreude und deine Energie wieder auftanken.

Nun noch ein weiterer Punkt, und zwar:

 

4.     Festhängen in negativen Gedanken und Gefühlen

Ein weiteres Warnsignal ist, wenn wir zynisch oder desillusioniert auf die Welt oder unser Leben blicken, wenn wir alles nur noch negativ sehen können. Wenn dich alles nervt, wenn dich alles reizt oder besorgt macht, dann arbeitet dein Warnsystem auf Hochtouren.

  • Zu allem fällt uns ein, was schiefgehen könnte.
  • Jede Situation ist eine Bedrohung.
  • Alle Veränderungen sind schlecht.
  • Ich bin nicht okay, oder die anderen sind nicht okay, oder beide!

Und viele andere negative Endlosschleifen. Sie sind typisch für Depression und Burnout.

 

Teils ist so etwas einfach eine gelernte Denkgewohnheit.

Es gibt nun wirklich genügend Quellen für das rein negative Denken! Das Elternhaus, die Schule, das Fernsehen, Social Media aller Art, die Arbeit, das soziale Umfeld. Und natürlich unsere lieben Nachrichten. Kein Wunder, wenn wir uns da anstecken.

Wenn dieses negative Denken sehr stark ist, kann es auch aus traumatischen Erfahrungen in unserem Leben entstanden sein.

Doch auf jeden Fall erhöht es die Gefahr der Erschöpfung, wenn es ungebremst abläuft. Diese negativen Gefahrengedanken stressen uns. Wir können lernen, damit aktiv umzugehen, das dürfen wir nicht laufen lassen.

 

Warum denken wir so oft negativ?

Es ist neurowissenschaftlich erklärbar über den – Vorsicht, Fachbegriff – Orbitofrontalkortex. Das ist ein Gehirnteil, der die Welt auf Gefahren checkt. Wenn er eine Bedrohung wahrnimmt, setzt ein heftiges Freund-Feind-Denken ein. Das kann auch ein „blöder Satz“ von jemand sein, und schon geht der Alarm los.

Unser Warn-Gehirn ist auf Zack und bemerkt jede Gefährdung sofort! Es passt auf uns auf wie ein überambitionierter Wachhund. Es bellt, schlägt Alarm. Immerhin könnte eine Katastrophe passieren!

Unten zeige ich auf, was tun können, um aus der Schleife auszusteigen.

 

Selbsteinschätzung Burnout-Gefahr: Wo stehst du jetzt?

Wenn du die typischen Symptome anschaust und ebenso diese vier Haltungen (Verzicht auf Grenzen, Verzicht auf Pausen, Verzicht auf Bedürfnisse, negatives Festhängen in Abwehr und Alarm) – wo stehst du dann jetzt?

Was ist dein Eindruck von dir?

Findest du dich darin wieder:

  • Wenig?
  • Mittel?
  • Viel?

Was denkst du, solltest du besser als dich aufpassen als bisher? Bist du hellhörig geworden?

Wenn ja, dann gratuliere ich dir! Denn das ist der erste wichtige Schritt, um etwas für dich tun zu können.

Ich biete dir dazu zwei Hilfen an:

  • Hier im Artikel die Erste Hilfe.
  • Und im nächsten Artikel 7 Tools, mit denen du deine Resilienz erhöhen und den Burnout abwenden kannst.

Mit folgenden Tipps kannst du dir einfach und sofort selbst helfen.

Es geht dabei um Selbststeuerung, und die können wir jederzeit wieder verändern. Es reicht aus, sich der Sache ganz bewusst zu werden.

 

4 mal Erste Hilfe bei Dauerstress und Burnout

Viele kleine Schritte können dir sofort ein bisschen helfen. Mach kleine Schritte – Warum kleine Schritte die größten sind

Wenn du dir dessen bewusst bist, wirst du die Schritte auch tun.

Und damit kannst du dein Leben verändern.

 

1.     Grenzen sind erlaubt. Sie sind notwendig. Jeder Mensch hat Grenzen.

  • Wenn du eine Grenze spürst, denke daran, dass jeder Körper und jedes Nervensystem Grenzen hat. Diese sind individuell. Wenn du sie also spürst, dann können sie auch einfach „stimmen“. Sie sind, wie sie sind! Vertrau auf dein Gefühl.
  • Du kannst andere besser unterstützen, wenn du auch auf dich aufpasst. Dazu gehören deine natürlichen Grenzen.
  • Auch mal Nein sagen – das kann genau das sein, was du brauchst, um aus dem Dauerstress herauszukommen.

Gib dir eine Eigen-Erlaubnis für deine Grenze.

 

2.     Für kleine Pausen ist immer Zeit. Wir sollten sie uns regelrecht verordnen.

Erlaube dir die notwendigen Pausen.

 

3.     Positive Ressourcen und erfüllte Bedürfnisse machen dich aus und gehören immer in dein Leben hinein. Auch wenn es in kleinen Portionen ist.

  • Mach etwas, das dir Freude bereitet. 5 Minuten reichen schon aus. Erschaffe einen kleinen Glücksmoment. „Sammeln Sie Freudepunkte?“ Wie du dir Glück erlauben kannst
  • Überlege dir täglich, was eigentlich deine Bedürfnisse sind! Sie zählen.
  • Schreib dir abends drei Punkte auf (oder überlege sie dir vor der Nacht), die du für dich getan hast. Damit verstärkst du den guten Trend.

Gönne dir kleine Portionen deiner eigenen Kraftquellen.

 

4.     Erste Hilfe beim Gefühl von Alarm

Und was tun wir nun, um negative Gedankenspiralen und Alarm zu unterbrechen? Gönn dir eine Kleinigkeit. Du wirst dich wundern, wie wenig oft schon reicht – wenn wir es tun:

  • Grübeln unterbrechen: Mach mal Pause. Vom Grübeln in den Moment zurückkommen
  • Auf die Sinne umschalten, ein Tee, Kaffee oder Kakao, dich einen Moment hinsetzen und spüren, wo du bist.
  • Kleine Alltagsrituale, die dich runterholen.
  • Ein bisschen Bewegung zu Musik – schon 3 Minuten machen einen Unterschied.

Gönne deinem Alarmgehirn eine Pause.

 

Extra-Tipp: den inneren Wachhund beruhigen

Beim Gefühl von Bedrohung könntest du mit dem inneren Wachhund sprechen, ihm verschiedene Perspektiven aufzeigen und ihn beruhigen.

„Lieber Wachhund, liebes wachsames Gehirn: Vielen Dank für dein Engagement! Du machst das wirklich toll und sehr bemüht. Ich weiß, du willst auf das System aufpassen. Dafür gibst du alles. Braves Hundchen. Vielen Dank.

Du denkst, dass mir eine Katastrophe droht.

Ich kann dich beruhigen: Jede Situation hat immer verschiedene Aspekte. Auch die gerade im Moment.

Ich kümmere mich um alles. Ich schaue mir die Einzelheiten an. Es ist nicht so schlimm, wie es für dich aussieht.

Es gibt verschiedene Perspektiven: Manches ist nicht so toll. Manches ist ganz gut. Und es gibt noch weitere Möglichkeiten, die uns helfen können.

Entwarnung für dich! Keine Gefahr mehr.“

Entspannung. Erleichterung. 🙂

 

Das waren die Tipps für deine eigene Erste Hilfe gegen Burnout.

In Teil 3 will ich dir 7 Punkte aufzeigen, die du beachten kannst, um dein gesamtes Stresslevel wirksam wieder herunterzufahren und die Burnoutgefahr abzuwenden.

 

  1. Doppelstrategie gegen Jobstress: Warum Entspannungsbäder nicht reichen [Jobstress Teil 1]

 

Vielen Dank an die Künstlerin Bahissat, die für diesen Artikel eigens diese Grafik in 3D gestaltet hat. 🙂

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